Hochtour 2018 - Auf Walliser Hörner-Jagd (Teil 1)

Kleines Furkahorn-3026m
Kleines Furkahorn-3026m

Datum: 27.07. - 01.08.18

 

Am 27.07.2018 starteten Sebastian Sedlmeier (20) und Torsten Puschmann (51) in aller Früh zur Hochtour 2018 des Alpinclub Alzenau. Erstes Ziel war der Furkapass (2429m) in der Schweiz. Noch am Nachmittag bestiegen wir von dort das Kleine Furkahorn (3026m) bei sonnigem Wetter. Während Sebastian zurück zum Pass abstieg, machte ich noch einen kleinen Erkundungs-Abstecher zur Sidelen-Hütte (2708m). Die Hütte steht am Fuße des Galenstock (3586m) und in unmittelbarer Nähe befinden sich zahlreiche interessante Kletterfelsen.

 

Nach einem Biwak auf dem Pass stiegen wir am kommenden Morgen zielsicher Richtung Sidelen-Hütte auf, bogen jedoch kurz vor der Hütte zum Hanibalturm (2882m) ab, wo schon zahlreiche Seilschaften sich an diesem schweren Felsturm (mind. Schwierigkeit 6) erprobten. Highlight dieses beliebten Felsturms ist eine Bank mit Bushaltestelle auf der winzigen Gipfelkuppe.
Unterhalb des Felsturms erreichten wir die ersten Firnfelder. Über diese stiegen wir weiter hinauf bis zum Einstieg der Kletteroute Südostsporn am Galenstock. Eigentlich erwarteten wir eine gut ausgetretene Spur, durch die Hitze war davon jedoch nicht viel übrig. So bahnten wir uns unseren eigenen Weg durch die nach oben immer steiler werdenden Firnfelder. Nach 3 Stunden erreichten wir endlich den Einstieg (ca. 3100m) in die Felsroute (Südostsporn Gallenstock – Schwierigkeit III+). Während unserer kurzen Verschnaufpause zog sich der Himmel jedoch rasch zu und hüllte uns in dichte Nebelschwaden ein. Hinzu kam noch ein feiner Nieselregen. Besserung war nicht in Sicht. Schweren Herzens entschlossen wir uns deswegen zum Abbruch der Besteigung, die noch einige Stunden in Anspruch genommen hätte. Noch halbwegs trocken erreichten wir nach dem Abstieg wieder das Auto am Pass, wo kurze Zeit später heftiger Regen einsetzte. An eine andere Tour zur Akklimatisation war nicht mehr zu denken – keine guten Voraussetzungen für die kommenden schweren Gipfelziele.

 

Abends fuhren wir im Regen nach Stalden (Talgebalung Zermatt-Saas) auf einen nahegelegenen Grillplatz und dort überraschte uns endlich wieder trockenes gutes Wetter.

 

In wenigen Minuten erreichten wir am kommenden Morgen (29.08.2018) den kleinen Ort Randa, parkten am Weisshorn-Parkplatz und weiter ging es mit der Matterhorn-Gotthard-Bahn nach Zermatt (1600m), wo wir kurz nach 8:00 ankamen. Anfangs ging der Hüttenzustieg noch durch steile bewaldete Hänge in Serpentinen hinauf. Ab der Edelweisshütte (1961m) drangen wir immer tiefer in das Trifttal hinein. Zahlreiche Stellen des Triftbaches waren noch mit dem Schnee der Lawinen des letzten Winters bedeckt. Umgerissene Bäume zeugten von der unbändigen Kraft dieser Lawinen. Als wir das Trifthotel (2337m) erreichten, brannte uns schon die Morgensonne auf der Haut. Zum Glück querten wir hin und wieder erfrischende kleine Bäche, an denen wir unseren Durst stillen und den Kopf abkühlen konnten. Über einen kurzen Hang erreichten wir ein großes Plateau unterhalb des Triftgletschers. Die Oberfläche der dortigen Schneereste war mitunter tief rot gefärbt vom Saharastaub, der von Afrika bis über den Alpenhauptkamm geweht wurde.

 

Die Rothornhütte (3198m) konnten wir nun schon weit oben erkennen, doch noch stand uns ein langer Anstieg über die Moräne und weiter oben dann durchs Geröll bevor. Anfangs führte der kleine Pfad genau auf dem schmalen Grat der Moräne entlang, weiter oben mühten wir uns durch endlose Serpentinen durchs Geröll. Kein Schatten, glühende Mittagssonne, schwere Rucksäcke (jeder trug allein schon mindestens 4,5l Getränke mit rauf), weiter oben kein Tropfen Wasser mehr, endlose Serpentinen. Trotzdem erreichten wir gegen 12 Uhr die Rothornhütte. Was für ein grandioser Ausblick breitete sich vor uns aus, Oberhalb der Hütte das Trifthorn und die Wellenkuppe, gegenüber die gewaltige Eiswelt des Monte Rosa und etwas weiter nördlich Alphubel, Strahl-, Rimpfisch- und Allalinhorn.

 

Schnell wurden unsere Lager bezogen, die Berg-Zustiege für die kommenden Gipfel begutachtet, von Gipfeln rückkehrende erschöpfte Bergsteiger nach den Routen und den dortigen Bedingungen ausgefragt.
Die Zeit verging wie im Fluge mit Schuhe trocknen, Ausrüstung sortieren, Rucksack packen. Gegen 18:30 gab es schon das Abendbrot und kurze darauf lagen wir schon in unseren Hüttenschlafsäcken.

 

Pünktlich 03:15 Uhr klingelte am 30.07.2018 der Wecker und ein Blick aus dem Fenster in die tiefschwarze Nacht mit Vollmond und Sternenhimmel versprach ideale Bedingungen. 15 Minuten später saßen wir beim Frühstück, stopften uns schnell zwei geschmierte Brote rein, dazu zwei Schälchen Tee. Gurt an, Rucksack auf, Stirnlampen an und auf im weiten Bogen über den Triftgletscher zum Felsgrat der Wellenkuppe. Der erste Aufstieg erwies sich als lang und beschwerlich, da die Oberfläche des Gletschers tief zerfurcht war und dies ein normales Gehen extrem erschwerte. Später wurde der Gletscherhang steiler, so dass wir unsere Steigeisen rausholten und anschnallten. Im oberen Teil des Gletschers überwanden wir noch einen verschneiten Bergschrund und schon standen wir auf einem kleinen Sattel in etwa 3600m Höhe unterhalb der Wellenkuppe. Inzwischen war es auch hell genug, um ohne Stirnlampe aufzusteigen. Die nächsten 300 Höhenmeter ging es immer leicht links aufwärts querend durch brüchiges, akut steinschlaggefährdetes Gelände. Zügig querten wir einige dieser verhängnisvollen Schuttrinnen, um dann wieder auf kurzen festen Felskanten aufwärts zu klettern. Gesichert mit Kurzseil ging das Klettern recht zügig voran. Etwas verwirrend war die Wegfindung, da wir zahlreiche Pfade mit Steinmännchen hier und da vorfanden. Zielstrebig ging es weiter bergauf. Von einer letzten großen Felsscharte unterhalb der Wellenkuppe ging es in solider Blockkletterei hinauf auf ein kleines Felsplateau. Die letzten Meter zum Gipfel der Wellenkuppe (3903m) stapften wir dann wieder durch Firn. Auf der Rückseite der Wellenkuppe zog ein langgestreckter teils extrem ausgesetzter Firngrat hinüber zum Obergabelhorn. Nach kurzem Abstieg auf diesen Firngrat erreichten wir nach ca. 400m den Fuß des Klucknerturms, einem fast senkrechten Felsturm und Vorgipfel des Obergabelhorns. Dieser Felsturm war größtenteils mit Fixseilen abgesichert, was unsere eigene Seilsicherung vereinfachte: So konnten wir die Fixpunkte des vorhandenen Seils für unsere eigene Sicherung verwenden. Dennoch war die Überwindung dieses Felsturms ein ziemlicher Kraftakt, da man hier fast senkrecht über einem tiefen Abgrund am Grat klettern musste. Oben auf dem Klucknerturm (3870m) angekommen querten wir wieder auf den ausgesetzten Firngrat. Je näher wir dem Obergabelhorn kamen, desto steiler und abschüssiger wurden die zu überwindenden Wächten auf dem Grat. Trotz gut ausgetretener Spur war es regelrecht ein Drahtseilakt. Schon aus der Ferne erkannten wir die Schlüsselstelle am Gipfelgrat zum Obergabelhorn. Im Unteren Teil muss eine ca. 8m hohe senkrechte glatte Felsplatte überwunden werden. Dort hatte sich die Seilschaft vor uns bereits über eine Stunde festgebissen und kam nicht rauf. So holten wir sie fast ein. An dieser Platte war guter Rat teuer, kein Haken, kein Tritt, kein Griff – einfach glatt. Respektvoll begutachteten wir dieses Hindernis, zumal es zu beiden Seiten hunderte Meter in den Abgrund ging. Sebastian faste mutig den Entschluß, sich an dieser Platte durch die spezielle Klettertechnik „Piazen“ an der senkrechten Felskante hinaufzuhangeln. Dabei setzt man beide Füße fast in Griffhöhe an die glatte Felsplatte und drückt sich mit ganzer Kraft von der Platte ab, mit den Händen kann man dann an der senkrechten Felskante hinaufhangeln. Oben musste von der ersten Platte auf eine zweite gewechselt werden - was für ein Kraftakt. Ohne den Gegendruck der Beine würden die Hände an der Kante sofort abrutschen. Endlich, an der oberen Kante der Felsplatte ein luftiger Vorsprung, auf den man sich setzen konnte. Was für ein Adrenalinschub – unbeschreiblich. Mit gleicher Technik folgte ich Sebastian, war aber froh, dass ich bereits eine Sicherung von oben hatte. Danach folgte noch eine weitere kleinere Platte, die uns nochmal alles abverlangte. Nach der nächsten Seillänge erreichten wir den Vorgipfel, eine kleine Kanzel. Weiter ging es über den nun fast horizontalen schmalen Felsgrat rüber zum Gipfel (4063m), den wir 12:00 Uhr erreichten.

 

 

Die noch geringe Akklimatisation hatte uns am Ende ganz schön aufgehalten. Völlig überwältigt vom Gipfel und dem grandiosen Panorama wurden einige Gipfelfotos geschossen und eine kurze Verschnaufpause eingelegt. In weitem Bogen schweifte unser Blick von der Matterhorn Nordwand über Dent d‘Herens zum Dent Blanche (bestiegen 2017) rüber zum Zinalrothorn. Im Osten die vielen Viertausender des Monte Rosa.

 

Aber noch bestand uns ein langer schwerer Abstieg bevor. Am Felsgrat konnten wir einige Male abseilen. Dies dauert jedoch recht viel Zeit, da das gesamte Seil durch eine geschlossene Abseilöse gefädelt werden muss. Je nach Abseilstelle kamen wir mit jedem Abseilen bis maximal 30m talwärts. Bei einer absoluten Routenhöhe von ca. 1000m verdammt wenig, dafür aber sicher. Demzufolge ging es langsam und mühsam bergab, 20…30m-weise. Der Firngrat war inzwischen stark aufgeweicht, die Spur ausgetreten, bei fast jedem Schritt sanken wir zusätzlich ein, teilweise bis zu den Knien. Als wir den Klucknerturm erreichten, sahen wir gerade die vorhergehende Seilschaft über die Wellenkuppe verschwinden. Am Turm konnten wir wieder mehrfach abseilen, weiter ging es nun über den aufgeweichten Firngrat und Firnhang hinauf zur Wellenkuppe. Mühsam stapften wir eine neue tiefe Spur, brachen nun ständig im Schnee ein. Dieser Gegenanstieg rauf zur Wellenkuppe kostete uns noch einmal unsere letzten Kraftreserven. Dann ging es runter bis zur Felskanzel und endlich konnten wir die Steigeisen ablegen. Nach kurzer Verschnaufpause ging es die Abseilpiste hinunter in die Scharte, von dort umgingen wir im weiten Bogen die untere Felszacke. Hier war das Gelände nun leichter, dafür brüchig und verwittert. Am Kurzseil kletterten wir weite Strecken abwärts, steilere Stücke seilten wir ab. Am Ende noch einmal eine lange senkrechte Abseilstelle, die im Geröll und an einem Fixseil endete, an dem wir uns Richtung Sattel runterhangelten. Nach einer kurzen Querung erreichten wir den Sattel. Nun wieder Steigeisen dran und endlos über den Triftgletscher im weiten Bogen abwärts Richtung Rothornhütte. Seit dem Morgen hatte sich ein mächtiger Felssturz ereignet, der einen Teil der Abstiegsspur im oberen Teil des Gletschers verschüttet hatte. Zügig passierten wir diese Passage, um aus diesem Einschlagsgebiet herauszukommen. Schier endlos stolperten wir über die ausgetretene und zerfurchte Firnspur. Noch einmal durch Blockgelände hinauf zur Hütte und wir waren endlich am Ziel (20:00).

 

Obwohl die Abendbrotzeit auf der Hütte längst verstrichen war, servierten uns die netten Hüttenwirtinnen noch ein üppiges warmes Abendbrot mit viel Fleisch und Reis. Bei einem kühlen Bier lies nun auch langsam die Anspannung wieder nach. Was war das wieder mal für ein Kraftakt. 16 Stunden auf Achse, trotzdem haben wir es noch rechtzeitig im Hellen zurück geschafft.

 

Panorama Rothornhütte mit Sebastian-3298m
Panorama Rothornhütte mit Sebastian-3298m

Am nächsten Tag brachen einige Seilschaften die Besteigung des Obergabelhorn schon am Einstieg zur Wellenkuppe ab. Schwerer tiefer Schnee, Probleme bei der Wegfindung im Geröll, erhöhtes Steinschlagrisiko, unbeständiges Wetter am Nachmittag – kaum zu glauben, dass wir uns irgendwie durchgebissen hatten.

 

Wegen der nassen Schuhe und der langen und schweren Besteigung gönnten wir uns erst mal einen Ruhetag. Natürlich wurden wir beim allgemeinen Aufbruch früh 03:30 geweckt, nach einigem Gerumpel konnten wir dann aber doch noch bis 7:00 ausschlafen. In aller Ruhe genossen wir unser Frühstück, trockneten unsere nassen Sachen, brachten unsere Ausrüstung wieder auf Vordermann. Immer wieder ging der Blick rüber zur Wellenkuppe, wo sich zahlreiche Seilschaften abmühten.

 

Gegen Mittag wurden neue Lebensmittel per Hubschrauber eingeflogen und später Abfälle mit ins Tal genommen. Es gab immer wieder neues zu beobachten. Wegen der wenigen Pausen bei der Besteigung hatten wir noch viel Proviant für den Berg übrig, denn wir nun am Ruhetag allmählich wegputzten.

 

Wieder wurden am Abend Rucksäcke gepackt und alles für den kommenden Aufbruch in der Nacht vorbereitet.

 

Pünktlich 3:15 ging es am 01.08.2018 wieder aus den Schlafsäcken, 3:30 saßen wir beim gemeinsamen Frühstück. 4:00 brachen wir wieder im Dunkeln zum Zinalrothorn auf, diesmal bei sehr milden Temperaturen. Kurz hinter der Hütte erreichten wir ein erstes großes Firnfeld. Dieses wurde schnell steiler. Unter dem dünnen aufgeweichten Firn befand sich aufgeweichtes glattes Eis, so dass wir schon nach kurzer Strecke wieder unsere Steigeisen anlegen mussten. Zügig ging es weiter hinauf. Dennoch gehörten wir zu den hinteren Seilschaften, obwohl wir uns schon bedeutend fitter fühlten als noch am Obergabelhorn. Die erste Kletterstelle war ein kleiner Wasserfall, recht steil, brüchig, nass, dunkel und rutschig. Konnte uns aber nicht aufhalten. Nun ging es weiter durch Geröll, ab und zu musste eine kleine Felsstufe überwunden werden. Nach einem kurzen Schneefeld eine steile ausgesetzte und extrem brüchige Felsstufe. Diese wurde mit viel Respekt überwunden, meist unklar, wohin man in diesem steilen Schutt treten oder greifen sollte. Es folgten ein Aufstieg im leichten felsigen Blockgelände, ein langes Firnfeld, eine weitere kleine aber heikle Felsstufe. Endlich ging es über das lange Firnfeld hinauf zum Grat und über den Firngrat meist direkt oben auf der Kante entlang hinüber zum Felsgrat des Zinalrothorns. Was für ein Anblick. Zahlreiche Seilschaften übereinander in einer engen brüchigen Felsrinne, die zur Gabel, einer markanten Felsscharte, hinaufführt. Gemeinsam mit zwei anderen Seilschaften legten wir am Grat Pickel und Steigeisen und Teleskopstöcke ab, da nur noch reine Kletterei bevorstand. Zumindest nahmen wir dies so an. Anfangs ging es etwas unterhalb des Felsgrates, später direkt auf dem Felsgrat hinüber zur Felsrinne, die im unteren Teil von einem gewaltigen Felsblock versperrt wird. Während eine Seilschaft fälschlicherweise rechts abbog und dort verendete, entschieden wir uns glücklicherweise, den Felsblock links zu umgehen, was auch bedeutend leichter aussah. Allerdings kamen uns nun zahlreiche Seilschaften entgegen, die wegen Donnergrollens und einiger Wolkenschwaden die Besteigung abbrachen und den Rückweg antraten. Im Gefolge dieses Abstiegs durch die brüchige Rinne auch zahlreiche Steine, die es nun mit herabregnete. Wir gingen etwas außerhalb der Rinne in Deckung und warteten geduldig ab, bis alle Seilschaften an uns vorbeigezogen waren und sich nun unter uns befanden. Mit einem Male hatte sich das große Feld gelichtet, es verblieben 3 Seilschaften, von denen wir das Schlußlicht bildeten.

 

Mühsam kletterten wir die brüchige Rinne hinauf, meist etwas links haltend, was uns auch etwas mehr Schutz vor Steinschlag gab. Einige Abseilstationen konnten wir als Stand nutzen, meist ging es aber am Kurzseil gleichzeitig hinauf. Nach der Scharte ein kurzer luftiger Aufstieg über den Grat auf ein kleines Plateau. Gut gesichert mit Bohrhaken ging es nun weiter über die berüchtigten abschüssigen Biner Platten in durchaus luftiges Gelände. Auch bei uns waren diese Platten leicht feucht, bei Vereisung sicher ein schwer zu überwindendes Hindernis. Nach dieser Querung an den Platten ging es über solide Felsplatten steil hinauf zum Gipfelgrat, wo wir zur Sicherung einige Abseilstifte verwenden konnten. Nun waren wir endlich in unserem Element. Es folgte noch einmal ein kurzes aber steiles Firnstück, diesmal ohne Steigeisen und Pickel – Oops. Schon hatten wir aber den Gipfel vor Augen. Ein luftiger Grat führte uns zu zwei großen Felsblöcken, der erste musste durch eine noch luftigere Scharte rechts umklettert werden, beim zweiten musste man auf einem schmalen Band weit hinausgelehnt sich um eine Felsecke herumzwängen. Nichts für schwache Nerven. Und noch ein kurzer sehr luftiger Grat, gefolgt von einem großen Felsblock, dann endlich wenige Schritte leichte Blockkletterei und wir standen neben dem schönen großen Gipfelkreuz.

 

Wieder eine überwältigende Aussicht nach Westen, im Osten war es dagegen stark bewölkt und dort grollten einige Gewitter in der Ferne. Zum Glück kam unser Wetter aus dem Westen, so waren wir uns sicher, dass wir noch ausreichend Zeit für den Abstieg hatten. Kurze Verschnaufpause, ein langer Schluck aus der Trinkflasche. Mit einigen Süßigkeiten wurden neue Kräfte mobilisiert.

 

Und schon ging es wieder an den Abstieg. Ständig zwischen Kurzseil und Fixsicherung wechselnd, kletterten wir über den Gipfelgrat zurück zu den Abseilstiften. Zuerst an der Kante hinunter, wo wir unten noch ein festgeklemmtes Seil unserer Vorgängerseilschaft befreien konnten, die dort fast eine Stunde festhingen. Dann direkt hinab an den Biner Platten vorbei auf einen kleinen Absatz und von dort in die Scharte der Gabel. Immer wieder mussten wir warten, bis unsere Vorgänger die Abseilstellen geräumt hatten. Außerdem achteten wir sehr darauf, keinen Steinschlag auszulösen, was in diesem brüchigen Abseilgelände schon einer Kunst glich.

 

Weiter unten im Grat kletterten wir dann weiter frei ab, immer wieder nach unserer abgelegten Ausrüstung Ausschau haltend. Noch wenige Meter, aber auf dieser Höhe oder weiter oben oder 20m weiter unten? Überall Spuren, begehbare Bänder und Pfade im steilen Hang. Endlich erkannten wir wieder einige markante Merkmale vom Hinweg. Kurze Zeit später konnten wir wieder Steigeisen und Pickel aufnehmen, die wir über den weiteren Firngrat dringend benötigten.
Von nun an ging es wieder endlos bergab, Firngrat, Felsstufe, Firnhang, Geröllhang, Felsstufe, Firnhang, Geröll, Wasserfall. Ein letztes Abseilen, dann standen wir auf dem Gletscherhang zur Hütte. Inzwischen krachte auch ein Gewitter über uns und ein leichter Regen setzte ein.

 

Panorama Zinalrothorn-Sebastian-4221m
Panorama Zinalrothorn-Sebastian-4221m

In Windeseile nahmen wir unser Kletterseil in den Rucksack und jagten über die Gletscherhänge der Hütte entgegen, wo wir kurz vor 18:00 ankamen. In Windeseile verstauten wir an der Hütte unsere verbliebenen Sachen in den Rucksack, verstauten überflüssige Ausrüstung, verabschiedeten uns von den Hüttenwirtinnen und weiter ging es über Stock und Stein im Laufschritt am Trifthotel und der Edelweisshütte vorbei runter nach Zermatt zum Bahnhof. Die ganze Strecke im leichten Regen. Nach sagenhafter 1:45h erreichten wir Zermatt und kurze Zeit später saßen wir schon im Zug nach Randa. Abends übernachteten wir noch einmal an unserem Grillplatz.

 

Eigentlich beabsichtigten wir, zum Wochenende noch das Weisshorn zu besteigen, dessen Besteigung wir im Vorjahr wegen Unwetters kurz vorm Gipfel abbrechen mussten. Aber wegen des aktuell instabilen Wetters, wegen der akuten Hitze in den Bergen und den dort zu überwindenden aufgeweichten steilen Firnpassagen entschlossen wir uns, vorzeitig die Heimreise anzutreten.

 

Immerhin mit zwei schweren und knackigen neuen 4000ern im Gepäck. Beide Gipfel von unserem Verein erstmals bestiegen.

 

Nach langer Autofahrt bei brütender Hitze erreichten wir am 02.08.2018 erschöpft aber heil und zufrieden wieder unsere Heimat.

 

Nochmal mein herzlicher Dank an Sebastian, der fast alle schweren Kletterstellen souverän im Vorstieg gemeistert hat. Ohne sein Können wäre eine Besteigung aktuell undenkbar.

 

 

Noch brummen die Waden von den zurückgelegten Höhenmetern, trotzdem fühlen wir uns fit und planen schon wieder die nächsten Routen und Touren. Auch das Weisshorn ist noch nicht vollkommen abgeschrieben.

 

 

Vielleicht geht es ja im September mit einigen unserer Neuen Mitglieder auch noch auf eine Einsteiger-Hochtour ins Monte Rosa. Bereits jetzt fiebern einige dafür.

 

 

Inzwischen hat Sebastian mit seinen noch jungen Jahren in den letzten 4 Jahren 11 verschiedene 4000er der Alpen bestiegen, davon zahlreiche sehr schwere. Bei mir sind in den letzten 16 Jahren ganze 41 verschiedene 4000er auf meine Liste zusammengekommen. Zahlreiche davon sogar mehrfach bestiegen, teilweise auch im Winter.

 

 

Die Zukunft wird zeigen, was wir noch gemeinsam erreichen.

 

 

Autor: Torsten Puschmann

 

Tourentagebuch

27.07.2018

Kleines Furkahorn (3026m)

 

28.07.2018

Galenstock (3586m) bis Einstieg Südostsporn bei ca. 3100m

 

29.07.2018

Hüttenzustieg Zermatt (1600m) bis Rothornhütte (3198m)

 

30.07.2018

Obergabelhorn (4063m) über Ostnordostgrat und

Wellenkuppe (3903m)

ZS/III+

01.08.2018

Zinalrothorn (4221m) Südostgrat
+ Talabstieg Zermatt (1600m)

ZS/III

 

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