Mindelheimer Klettersteig: Wochenendtour mit kaiserlichem Herbstwetter

Fiderepaßhütte und Mindelheimer Klettersteig

von Freitag, 23. bis Sonntag, 25.9.16

 

Gleich nach dem Schulunterricht unserer jüngsten Teilnehmer, der beiden Zehnjährigen Sebastian und Tom, starteten wir am Freitag-Mittag mit elf Teilnehmern in drei Pkw am Vereinshaus. Bestes Bergwetter war zu erwarten und versprach gute Bedingungen mit guter Fernsicht, aber auch eine maximale Auslastung der beiden Unterkünfte, der Fiderepaßhütte und der Mindelheimer Hütte.

An Oberstdorf vorbei kamen wir nach 425 km recht zügig am Nachmittag im Kleinwalsertal am Ausgangspunkt, dem Parkplatz des Gasthofes Schwendle in Mittelberg (1176 m, Österreich) an. Der Aufstieg zur Fiderepasshütte (2065 m) mit rund 900 Höhenmetern durch das Wildental und über die Fluchtalpe war anstrengend, nach kameradschaftlicher Lastverteilung aber keine Überforderung.

Nach zweieinhalb Stunden Aufstieg bezogen wir das Quartier in einem Matratzenlager auf der mit 160 Gästen voll ausgelasteten Fiderepaßhütte, die vor drei Jahren baulich erweitert wurde. Unserer Gruppe wurde ein privater Nebenraum für das Abendessen zur Verfügung gestellt, da alle Plätze in den Gasträumen belegt waren. Hier zeichnete sich bereits eine gute Stimmung in der Gruppe ab, die sich bis zur Heimfahrt sogar noch steigern sollte.

Nach einer mehr oder weniger ruhigen Nacht im Matratzenlager, böse Zungen behaupteten im Wildental seien die letzten Bäume abgesägt worden, brachen wir nach einem guten Frühstück um 8.45 Uhr auf zum Einstieg in den Mindelheimer Klettersteig in 2250 m Höhe. Nach Anlegen von Klettergurt und Helm hieß es vor allem für Tourenwart Daniel zu beurteilen, wie unsere beiden Jüngsten und einige Erwachsene beim Einstieg bei deren ersten Klettersteig zurechtkommen.  
Wie üblich begann der Steig gleich recht anspruchsvoll, was der Sicherheit im weiteren Verlauf dient. Nach der Einweisung und Einschätzung durch den Tourenführer schien niemand als überfordert. Die absolut erforderliche Schwindelfreiheit und Trittsicherheit brachten alle Teilnehmer mit, sonst wäre für eine Umgehung des Klettersteiges die Gruppe geteilt worden. Das wurde allen schon beim Aufbruch angeboten, um niemanden unter Druck zu setzen und Überforderung oder Selbstüberschätzung auszuschließen.  

Wider Erwarten herrschte im gesamten Klettersteig nicht allzu viel „Verkehr“. Nur wenige Kletterer überholten uns an den Gehstellen oder kamen uns dort entgegen, was allen längere Wartezeiten ersparte. Bei genügend Pausen und ohne jeglichen Zeitdruck herrschte Hochstimmung bei toller Fernsicht und die grundsätzliche Freundlichkeit in den Bergen gegenüber Fremden war wohltuend.
Ein mächtiger Alpensteinbock in einer schwer zugänglichen Felsnische in gleicher Höhe in nur etwa 20 Metern Entfernung ließ sich nicht aus der Ruhe bringen beim Wiederkäuen und war sehr eindrucksvoll. Spektakulär, aber keinesfalls riskant, war die Überquerung einer tiefen Felsspalte am dritten Schafalpenkopf mit Hilfe einer Leiterbrücke mit Stahlseilsicherung, die wir schon tags zuvor beim Aufstieg sehen konnten.

Der 1975 errichtete Mindelheimer Klettersteig über die drei Schafalpenköpfe (2320 m) zeichnet sich durch große Abwechslung, gut platzierte Stahlseile, massive Klammern und Trittstifte aus, die regelmäßig überprüft werden. Auch unsere „Newcomer“ beachteten konsequent, dass immer mindestens ein Karabiner an einer Felssicherung eingehakt ist. So waren auch einige Passagen in der Schwierigkeitsstufe C an ausgesetzten Stellen gut zu bewältigen und die Abschnitte zum Gehen entspannten wieder Muskeln und Gemüt. Das großartige Bergpanorama genossen wir vor allem bei der Rast, um uns zu stärken und bei Spätsommertemperatur genügend zu trinken.

Kurz vor dem Ziel erklommen wir noch das Kemptner Köpfl mit Gipfelkreuz (2191 m), was nochmals ein Hochgefühl erzeugte und alle Anstrengung vergessen ließ. Nach acht Stunden kamen wir zur Mindelheimer Hütte (2058 m) und stießen zu unserem vorausgegangenen und gesondert angereisten Alterspräsident Rainer (65 Jahre). Gemeinsam genossen wir die Nachmittagssonne, das tolle Bergpanorama und natürlich auch die gekühlten Getränke.

Nach einem reichhaltigen Abendessen, sowie Karten- und Würfelspiel in der vollbesetzten Hütte, welche eher die Bezeichnung Gasthaus verdient, verlief die zweite Nacht wesentlich ruhiger. Im Klettersteig gab es ja keine Bäume zu sägen und der „Obersäger“ :-) hatte Vorkehrungen getroffen.

Gut erholt brachen wir nach dem Frühstück um 8.45 Uhr auf für den Abstieg. Zunächst hieß es aber, zunächst in etwa einer Stunde die Obergemstelalpe zu erklimmen und am Geißhorn und an 15 Gemsen auf einem Geröllfeld vorbei gelangten wir in das wild-romantische Gemsteltal. Der  gleichnamige Bach schuf eine tiefe Schlucht. Die bewirtschaftete und urige Gemsteltalalpe (1692 m) nutzten wir für eine weitere Trinkpause vor dem zweiten und längeren Teil des Abstieges zu unserem Parkplatz, den wir gegen 14.00 Uhr erreichten.

Nach herzlicher Verabschiedung begann die getrennte Heimfahrt bei hohem Verkehrsaufkommen und gegen 19.00 Uhr kamen alle wohl behalten voller Eindrücke nach einer sehr schönen Bergtour in Alzenau an. Erstes Ziel war sicher eine warme Dusche.   
Hervorzuheben ist, dass auch unsere beiden jüngsten Teilnehmer (nach eigenen Angaben!) viel Spaß hatten, wenngleich die körperliche Belastung und auch die Verantwortung für unseren Tourenwart nicht gering waren. Einige junge Erwachsene trugen mit viel Spaß und Ulk zur guten Stimmung bei, was beim langen Abstieg die beginnende Ermüdung bei den Jüngsten vergessen ließ.

Drei „Oldies“ (49 – 65 Jahre), sechs junge Erwachsene (18 – 24 Jahre) und zwei Kinder (10 Jahre), fast alle sind bereits Mitglied im Verein, werden die Tour noch lange in bester Erinnerung behalten. Für mich war es nach zwölf Jahren eine Wiederholung dieser Tour, die ich damals mit Siggi, Torsten und einem Freund an einem Tag bis zur Mindelheimer Hütte bewältigte. Aber das mag ich mir heute nicht mehr so recht vorstellen, auch dass tags zuvor der Hindelanger Klettersteig mein Erster war…

 
Vielen Dank an Daniel für die Vorbereitungen, gute Organisation und die versierte Führung, aber auch an den Vereinsvorstand für das Bereitstellen von Ausrüstung und Finanzierung der Spritkosten!

 


Thomas Röhrs

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Kommentare: 4
  • #1

    Mathias Kraus (Schriftführer/Betreuer) (Montag, 03 Oktober 2016 01:27)

    Ich kann nur sagen, meine Hochachtung an diese Truppe.
    Besonders an unsere Jungkletterer Sebastian Lorenz und Tom Weingärtner geht dieses Lob, das war eine tolle Leistung. Man kann in euren Augen sehen, daß dieses Erlebnis richtig Spaß gemacht hat. Das macht bestimmt Lust auf den nächsten Steig. Auch alle anderen hatten mit Sicherheit eine wunderschöne Zeit. Ich selbst hatte das Vergnügen vor gut 25 Jahren den Mindelheimer Steig mit Bruno Kaufmann gehen zu können. Umso ärgerlicher war mein Fahrradsturz 2 Tage vor Tourbeginn, mit dickem Knie leider das "AUS" für Christine und mich, aber Sohn Sebastian hat unsere Familienehre gerettet. Großen Dank auch an Daniel für die Tourführung und an Thomas Röhrs für die Erstellung des Berichts. Bei der nächsten Tour sind wir wieder dabei.
    Bergheil von Mathias Kraus

  • #2

    Thomas Röhrs (Montag, 03 Oktober 2016 09:29)

    Danke, Mathias. Als Daniel mich fragte, ob ich einen Bericht schreiben könnte, war das für mich selbstverständlich, zumal ich gerne die Jugendarbeit unterstütze. (Präventionsarbeit ist seit wenigen Jahren mein berufliches Thema) Es soll aber auch ein Dankeschön für dessen Einsatz bzgl. Vorbereitung, Organisation und für seine umsichtige Durchführung der Tour sein. Entscheidend für das Gelingen aber, dass sich JEDE/R einbringt und einfach an einem Strang zieht - und zwar in die selbe Richtung! ;-)

  • #3

    Sibylle Lorenz (Freitag, 14 Oktober 2016 12:04)

    Wahnsinn..., diese tollen Bilder zu sehen!

    Danke für diesen Bericht mit den wunderschönen Fotos.
    Ein herzlicher Dank an alle, die unseren Sohn Sebastian so toll unterstützt haben, dass er dieses Wochenende miterleben durfte! Er war (und ist es noch) begeistert!!! ...und müde am Sonntag Abend. ;-)
    Und wir als Eltern sind natürlich stolz!
    DANKE!

  • #4

    Sebastian S. (Sonntag, 30 Oktober 2016 18:17)

    Leute, das war eine spitzenmäßige Tour! Hatte ganz vergessen, wie schön es ist, auch mal einfach eine ganz entspannte Runde mit der Jugendtruppe in den Bergen zu drehen. Danke an alle Teilnehmer und Beteiligten, und auch der zusammenhalt der Truppe hat großen Spaß gemacht. Außerdem haben diese kleinen Touren das Potential, die Generationen des Vereins zusammenzuführen. Nächstes Jahr gerne wieder.
    @ alle Interessierten: Das Wochenende hat mich motiviert, an einer Tourenplanung für die Jugend festzuhalten. Fing auf der Jubiläumsfeier ja schonmal gut an :D . Wer Ideen, Wünsche oder einfach nur Interesse hat, darf gerne auf mich (Sebastian Sedlmeier) zukommen. Wir sind eine starke Truppe, lasst uns das auch weiterhin Leben! :-)